Es muss um das Jahr 1965 gewesen sein als wir Jungs auf der Burg eine prima Idee hatten. Mit Hilfe von Freunden wurde eine Puppe in Lebensgröße zusammengebastelt und diese sollte dann an einem Seil am Turm heruntergelassen werden, freilich in Westrichtung, damit sie auch gut von Schriesheim aus gesehen werden konnte.
Nach einiger Bastelei war die Puppe fertig zusammengenäht und wir konnten sie über die steile Treppe auf den 28 Meter hohen Burgturm schleppen. Der Rest war dann ein Kinderspiel. Das Seil wurde um den Hals der Puppe herumgeschlungen, das Ende am Turmgeländer befestigt und die Puppe bis zum Seilende heruntergelassen.
Die Wirkung übertraf alles was wir uns vorgestellt hatten. Nach kürzester Zeit konnten wir vom Turm aus sehen, wie immer mehr Menschen sich auf der Heidelberger Straße versammelten und den Blick zur Burg richteten. Etliche der Zuschauer waren mit Ferngläsern ausgestattet. Jetzt kommt was kommen musste, nach wenigen Minuten des Vergnügens kam mein Onkel Heinz der Burgwirt, er hat auch das Foto gemacht, aus der Gaststätte und gab uns unmißverständlich zu verstehen, dass wir den Blödsinn beenden sollten.
Wie er uns später mitteilte, klingelte das Telefon auf der Burg Sturm und der Wortlaut war in etwa immer der gleiche: „Herr Lauer am Turm hat sich jemand aufgehängt.“
Es half nichts die Puppe musste weg. Mein älterer Bruder Kurt übernahm das Kommando. „Der Wind kommt von Norden, wenn wir die Puppe direkt über der Südmauer abschneiden, trägt der Wind sie über die Südmauer genau auf die Wiese hinter dem Turm“. Gesagt getan, Kurt schnitt die Puppe wie vorausberechnet ab, sie knallte direkt auf die Südmauer und blieb dort für uns unerreichbar viele Jahre bis zur Renovierung der Burg liegen.
Ja und was hat das mit der Überschrift zu tun? Mein Opa mütterlicherseits Otto Künzl, hat noch Jahre meine Mutter gefragt wo seine Gartenstiefel wären. Meine Mutter wusste über das Schicksal der Stiefel Bescheid, sie hatte uns nie verraten.
Und wenn Sie sich fragen warum ich die alte Geschichte im Zuge des Verkaufes der Strahlenburg schreibe, ich selbst bin erst vor wenigen Tagen während der Entrümpelung auf das mir bisher unbekannte Bild gestoßen. Wenn ich das eine oder andere Mal in den Jahren die Geschichte erzählte, hatte ich mich schon langsam selbst gefragt, war das wirklich so oder nur meiner kindlichen Fantasie entsprungen.
Dezember 2023 Gilbert Lauer